Wohltaten Gottes
Vor einigen Jahren war ich auf einem Seminar einer nicht-christlichen Organisation. Es waren ca. 50 Teilnehmer dabei. In einem Gespräch in einer Pause stellte ich fest, dass auch ein weiterer Christ unter den Teilnehmern war. Wir unterhielten uns über unsere Gemeinden, und einige der anderen Teilnehmer hörten interessiert zu. Schnell wurden uns aber unsere theologischen Differenzen bewusst, und aus der anfänglichen Freude einen Mitchristen getroffen zu haben, wurde schnell eine hitzige Diskussion über die richtigen theologischen Ansichten. Plötzlich bemerkte ich, dass von den Zuhörern vom Anfang einer nach dem anderen gegangen war. Alle hatten sich interessiert dafür, wie wir über unseren Glauben redeten, aber keiner wollte unsere theologischen Streitigkeiten verfolgen.
Dieses Erlebnis hat sich mir tief eingeprägt. Es ist Jahre her, aber die Enttäuschung über mich selbst spüre ich heute noch jedes Mal, wenn ich daran denke. Lesen wir in 1. Petrus 2,9 nicht: „Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk, ein Volk zum Eigentum, dass ihr verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat aus der Finsternis in sein wunderbares Licht“? Wir sind dazu berufen, der Welt Gottes Wohltaten zu verkündigen. Dazu allein dienen unsere Erwählung und die Ernennung zum Priestervolk Gottes. Natürlich müssen wir auch theologische Diskussionen ausfechten, und gerade in der heutigen Zeit mit ihren vielfältigen Ausprägungen und Interpretationen von christlichem Glauben ist es wichtig, dass wir die biblischen Wahrheiten benennen und dafür einstehen. Aber über dem allen dürfen wir nicht unsere eigentliche Berufung vergessen: die Wohltaten Gottes zu verkündigen.
Ich will mich immer wieder neu darauf einlassen, Beziehungen zu Menschen aufzubauen, die Jesus noch nicht kennen. Ich will eine Sprache finden, die die Welt versteht, um Gott groß zu machen. Ich will mich immer wieder neu daran erinnern, dass es in erster Linie um Jesu Erlösungstat am Kreuz geht. Ich will mich nicht scheuen vor theologischen Diskussionen und Positionierungen. Aber ich will darauf achten, in welchem Rahmen und mit welcher Außenwirkung ich sie führe.
In den Kursen an der AWM soll für all dies Raum sein: Für offene und tiefe Diskussionen, die helfen, die eigene Position zu finden und vertreten zu können. Für das Verstehen der Welt, um eine Sprache zu finden, die sie versteht. Und für das neue Ausrichten auf den Auftrag für diese Welt: Die Wohltaten Gottes zu verkündigen.