Gott liebt Mensch und Tier

Gott liebt Mensch und Tier

Immer dienstags während einer Studienwoche haben wir hier an der AWM einen gemeinsamen Welcome-Snack. Bei einer Tasse Kaffee fragt mich ein Student: „Kannst du von den vielen Kursarbeiten, die du lesen musst, auch etwas mitnehmen?“ „Ja, natürlich“, sage ich, „oft sind sie inspirierend und bringen mich auf neue Gedanken.“

Gerade jetzt liegt eine solche Kursarbeit auf meinem Schreibtisch. Es geht um die Frage, was die Bibel zum modernen Fleischkonsum sagt. Dabei kommt mir ein Bibelvers aus dem Buch Jona in den Sinn. Dort sagt Gott Folgendes über die bußfertigen Bewohner Ninives: „Und mich sollte nicht jammern Ninive, eine so große Stadt, in der mehr als hundertundzwanzigtausend Menschen sind, die nicht wissen, was rechts und links ist, dazu auch die vielen Tiere?“ Ich stutze: „die vielen Tiere?“ Anscheinend sind sie Gott sehr wichtig, jedenfalls werden sie hier extra erwähnt. Irgendwie ist mir dies noch nie aufgefallen.

Ich recherchiere und merke, dass das Tierwohl ein Thema der alttestamentlichen Ethik ist. Im Schöpfungsbericht steht: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht.“ Und was macht er? Tiere! Gen 2,19: „Und Gott, der HERR, bildete aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels, und er brachte sie zu dem Menschen, um zu sehen, wie er sie nennen würde; und genau so wie der Mensch sie, die lebenden Wesen, nennen würde, so sollte ihr Name sein.“ Damit ist in wunderschöner Sprache die Wertschätzung den Tieren gegenüber zum Ausdruck gebracht.

An anderer Stelle: Nach der Sintflut schließt Gott einen Bund mit den Menschen und – auch das ist mir bisher gar nicht aufgefallen – mit den Tieren (Gen 9,9-10). Die Bibel ist voll von solchen Aussagen. In den alttestamentlichen Gesetzestexten sind dann auch viele Anweisungen zu finden, die das Tierwohl im Blick haben. Und wie sieht das heute aus? Massentierhaltung und industrielle Verarbeitung von Tieren als billiges Luxusprodukt sind allgegenwärtig. Dabei wird das Tierwohl billigend dem ökonomischen Profit untergeordnet.

Noch etwas, das ich bis neulich nicht wusste: Der moderne organisierte Tierschutz hat seine Anfänge in der pietistischen Bewegung. Beispielsweise kritisierte der pietistische Pfarrer Christian Adam Dann (1758-1837) den dekadenten Lebensstil des württembergischen Königs und forderte alle „Menschen von Nachdenken und Gefühl“ auf, „etwas gegen die unsäglichen Leiden der in unserer Umgebung lebenden Tiere“ zu tun. Daraufhin wurde dieser Pfarrer in die Provinz versetzt.

Angenommen, dieser Pfarrer würde heute noch leben und uns wegen unserer Dekadenz anklagen, würden wir uns etwas von ihm sagen lassen oder würden wir ihn als Moralisten und Ideologen aus unserem Blickfeld verbannen?

Elmar Spohn

(D.Th., University of South Africa) war acht Jahre Missionar in Tansania und ist seit 2013 Dozent für interkulturelle Studien bei CIU Korntal.

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01.03.2020