Einwortantworten

Einwortantworten

Es war für ca. 90 Sekunden still in der Andacht, als ich zwei Fragen stellte – ehe einer unserer weisen Gastdozenten beide Fragen mit einem Wort beantwortete. „Als Theologe eine beachtliche Leistung!“, dachte ich, denn in dieser Disziplin kommen tendenziell eher mehr als weniger Worte zum Einsatz.

Die Fragen?

Was begeistert Euch am meisten am Arbeiten im Team?

Und:

Was macht Euch am meisten Mühe beim Arbeiten im Team?

Es arbeitete in den Gesichtern der Anwesenden, und ich bin sicher, dass die meisten ganz konkrete Situationen im Blick auf beide Fragen vor ihrem geistigen Auge hatten.

Was würdet Ihr sagen, wenn Ihr BEIDE Fragen mit EINEM Wort beantworten müsstet?

Ruhig und gelassen – wie unser Kollege nun mal ist – meinte er ganz schlicht: Menschen.

Danach war es wieder still – länger dieses Mal. Zwei Fragen – umfassend mit EINEM Wort beantwortet?!?

Schließlich meinte jemand, dass dieser Antwort nichts hinzuzufügen ist, denn es war eine für alle schlüssige, stimmige, umfassende Antwort. Eine Antwort, die nichts vereinfachte, nichts vorwegnahm, stimmig war für jeden kulturellen Kontext, in dem die Anwesenden leben und arbeiten:

Ich werde immer wieder gefragt, wie es so läuft an der AWM, wofür man/frau konkret beten kann, was uns Freude und/oder Bauchschmerzen macht…

Auch diese Fragen könnte man mit dieser Einwortantwort beantworten – denn es geht um… Menschen!

Es ist genial, im Team Projekte, Herausforderungen und Arbeitsberge zu bewältigen. Es ist jedes Jahr ein emotionales Hoch, wenn wir – mit unserem kleinen Team – eine Absolvierungsfeier mit 400 Gästen stemmen. Es ist faszinierend zu sehen, wie Studierende, Weiterbildungsteilnehmer und KollegInnen sich entwickeln. Es kann ein Vorgeschmack auf die Ewigkeit sein, wenn die unterschiedlichsten Menschen aus unterschiedlichen Kulturen mit unterschiedlichsten Lebensgeschichten Gott gemeinsam dienen.

Und es kann gleichzeitig immer wieder kräftezehrend, ermüdend, frustrierend werden, z.B. wenn Kommunikation nicht gelingt. Wenn trotz bester Absicht Dinge „in die Hose gehen“. Wenn wir uns gegenseitig das Leben schwer machen – häufig sogar durch die Motivation, dem anderen zu helfen. Es gibt Zeiten, da geht die Kraft aus, Dinge gemeinsam durchzustehen. Dann leiden wir manchmal miteinander, manchmal aneinander. Und Lösungsansätze müssen wieder – wie das kleine 1x1 – durchbuchstabiert werden.

Zwischen diesen Polen von Euphorie und Verzweiflung gibt es natürlich jede nur mögliche Nuance.

Warum bleiben wir dran? Was gibt uns die Kraft?

Die theologische Antwort lautet: das Wissen, dass wir als gerechtfertigte SünderInnen gemeinsam unterwegs sind im Leben und im Arbeiten. Wenn Gott dazu noch schenkt, dass wir im Anderen sehen können, wie Gott ihn gemeint hat, welches Potential im Anderen steckt, dann kommt eine geheiligte Sturheit in diese Weggemeinschaft: Wir werden nicht locker lassen, wir bleiben dran und genießen jeden Moment dankbar, der ein Vorgeschmack auf die Ewigkeit ist.

Ob Ihr in diesem Sinn mit uns und für uns – und für Euch selbst – betet?

01.11.2018