Was du nicht willst, das man dir tut...

Was du nicht willst, das man dir tut...

...das füg auch keinem anderen zu

Kennen Sie das Sprüchlein? Oft gehört als Kind, nicht wahr?! Und zwar egal, ob man fromm sozialisiert aufgewachsen ist oder nicht. Neulich stolperte ich wieder mal darüber und kam ins Nachdenken. Es gibt des Öfteren sehr nett formulierte Hinweisschilder, die sich an diesem Grundsatz orientieren, vor allem an den „besonderen Örtchen“. Soweit – so gut … Allerdings sind die persönlichen Standards gerade da sehr unterschiedlich!

Aber ist das nicht bei vielen Dingen so? Ich suche ein Geschenk und kaufe etwas, über das ich denke, die andere Person würde sich freuen … Meist ist das dann auch etwas, worüber ich mich selbst freuen würde. Da habe ich schon des Öfteren ziemlich „danebengegriffen“ und Menschen brüskiert mit etwas, wovon ich begeistert war. Was Du nicht willst, das man Dir tut, das füg auch keinem anderen zu.

Im Blick auf Kommunikation (noch nicht mal interkulturelle…) gibt es auch viel zu viele Beispiele… Was für mich klare Kommunikation ist, muss den anderen noch lange nicht erhellen.

Dieses – so harmlos und bescheiden wirkende – Sprüchlein beansprucht aber eigentlich, dass man/frau selbst das Maß aller Dinge ist. Was mir nicht gut tut, tut auch anderen nicht gut. Was mich freut, muss auch den anderen eine Freude sein. Wie ich lebe, so werden auch andere glücklich oder zufrieden. Egozentrismus pur! „Der Egozentrismus ist eine v.a. kindlich-kognitive Geisteshaltung, die davon ausgeht, dass der eigenen, subjektiven Sicht ein objektiver Status zukommt.“

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Okay, fragt man sich nun: Was hat das mit der AWM zu tun? Wenn wir Menschen willkommen heißen, dann geht es eben nicht darum, dass wir uns wohlfühlen… sondern dass sich unsere Gäste wohlfühlen – in aller Unterschiedlichkeit. Wenn wir mit Menschen über das reden wollen, was uns im Leben am Wichtigsten ist, sollten wir bereit sein zu hören, was ihnen im Leben am Wichtigsten ist. Wenn wir anderen etwas Gutes tun wollen, sollten wir zunächst verstehen, was ihnen gut-tut. Aber auch das ist nicht das Maß aller Dinge, weil es auf der horizontalen Ebene bleibt.

Genau DAS hat Jesus eben ausgemacht und viele Menschen in seinen Bann gezogen – er WUSSTE, was sein Gegenüber beschäftigte, was ihm guttat. Den Menschen war klar: Da ist einer, der mich kennt, versteht, mir auch etwas zumutet und weiß, was ich brauche – und sich mir ganz zuwendet. Und nein, das können wir nicht – denn im Gegensatz zu Jesus Christus sind wir ganz Mensch und gar nicht Gott.

Aber wir können uns immer wieder ganz bewusst fragen, WER der andere ist, der mir gegenübersteht. WAS dem anderen WARUM gut tun/helfen würde. WIE ich dieser Person vermitteln kann, dass Gott sie geschaffen hat, sie liebt, ihr vergibt und sich nach Gemeinschaft mit ihr sehnt.

Und darum geht es an der AWM:

Wir befähigen Menschen, anderen sensibel und wertschätzend zu begegnen, sich selbst und ihren Kontext kritisch zu reflektieren, theologisch fundiert und fachlich kompetent zu arbeiten, ihre christliche Spiritualität aktiv zu vertiefen.

01.10.2020