Islam und Integration in Deutschland
„Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland“ – dieser Satz des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff sorgte für viel Diskussion. Völlig zu Recht! Sicherlich war die Aussage gut gemeint, weil sie für Toleranz und ein friedliches Zusammenleben werben sollte. Dies warf aber neue Fragen auf: Welcher „Islam“ gehört zu Deutschland? Der Islam der Dschihadisten oder der der friedlichen Aleviten? Was heißt „gehört“? Und von welchem Deutschland ist die Rede? Um sich hier eine differenzierte Meinung bilden zu können, müssen zuerst diese Fragen beantwortet werden. Jeder Migrant, darunter auch Muslime, der hier innerlich angekommen und integriert ist, gehört selbstverständlich zu Deutschland. Ein Problem ist jedoch, dass man oft vom „Islam“ redet, aber „Muslime“ meint. Man sollte zwischen dem Islam als Dogma, wie er sich im Koran und den Prophetenüberlieferungen darstellt, und den Muslimen als Mitmenschen unterscheiden. Muslime leben ihren Glauben unterschiedlich und Überzeugungen sind veränderbar. Das Dogma und die damit verbundene Theologie ist hingegen im Kern schriftlich fixiert und immer noch maßgeblich für die überwiegende Mehrheit der islamischen Lehrinstanzen und das Leben vieler strenggläubiger Muslime.
Sollen die Überzeugungen eines Schriftislams tatsächlich zu Deutschland gehören? Das würde dann auch bedeuten, dass Gedankengut in unserer Gesellschaft verankert werden würde, das völlig konträr zu allen Werten steht, die uns wichtig sind.
Gott sei Dank will die Mehrheit der Muslime in Europa friedlich leben. Ich wünsche mir, dass sie den Mut finden, eine kritische, offene Debatte über ihre Religion anstoßen und sich endlich eingestehen: „Ja, wir haben ein Problem in unserer Religion!“ Die friedfertigen Muslime sollten aufstehen und die große Masse der konservativen islamischen Theologen in die Pflicht nehmen, eine neue Lesart des Korans zu finden, um ein friedliches Zusammenleben zu fördern. Denn was ist Ziel eines Glaubens, der von der Ausgrenzung und Verteuflung anderer lebt, der vernichtet statt Frieden schafft?! Durch zahlreiche Anschläge haben es Terroristen längst geschafft, unser Leben zu beeinflussen und zu verändern. Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen zeigen, dass das Leben nicht mehr so sicher ist, wie es einmal war. Meiner Meinung nach hilft es nichts, beim Kampf gegen den Terrorismus ausschließlich in die Sicherheit zu investieren, auch wenn das sehr wichtig ist. Wir sollten die kritische theologische Auseinandersetzung mit den Prägungen, die die Taten der Terroristen legitimieren und provozieren, suchen und der Ursache für den Terror auf den Grund gehen. Ich denke dabei auch an all die Muslime, denen mit wachsendem Misstrauen begegnet wird. Als Muslim würde es mich anspornen, eine theologische Lösung zu finden, wie der Islam tatsächlich zu einer Religion des Friedens werden kann, in der Gegenwart ankommen kann.