Im Brandfall: Ruhe bewahren …

So steht es auf vielen Feuerlöschern. Danach folgen konkrete, gut überlegte Verhaltensschritte, um die Notfallsituation zu bewältigen. „Ruhe bewahren“ steht dort als Aufruf, als Erinnerung, weil es gerade nicht die natürliche Reaktion ist, mit der Menschen Schwierigkeiten begegnen. Menschen verhalten sich in der Regel anders. In der Luftfahrt ist gut bekannt, dass Piloten in Stresssituationen oft auf alte, unpassende Muster zurückgreifen, auch wenn sie es eigentlich besser wissen sollten.

„Bei Gefahr Scheibe einschlagen“ ist eine andere Notfallanweisung, z.B. in Bussen und Bahnen. In der richtigen Situation ist dies durchaus ein angebrachtes Verhalten, aber was passiert, wenn wir es da anwenden, wo wir eigentlich erstmal Ruhe bewahren sollten? Beim Scheibeneinschlagen geht es um Flucht, Entkommen und Weglaufen von einer gefährlichen Situation. Ruhe bewahren und den Feuerlöscher in die Hand nehmen ist dagegen ein konstruktiver Ansatz, um das Feuer zu löschen, das Problem zu lösen und die Gefahr zu beseitigen.

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Sicherlich ist in vielen Situationen die Flucht das einzig richtige Verhalten, dennoch bedeutet es letztlich, die Gefahr sich selbst oder anderen zu überlassen. Wenn wir beginnen, Scheiben einzuschlagen, wo die uns anvertrauten Menschen eher Ruhe und Gelassenheit benötigen, schaden wir anderen vielleicht mehr als wir ihnen helfen.

Zielführende Verhaltensweisen für herausfordernde Situationen lernen wir aber nicht durch Schilder auf Feuerlöschern oder am Notausgang. Diese sind höchstens eine letzte Erinnerung, wenn die Zeit zum Handeln ausläuft. Wer verantwortlich ist – für sich und andere – bereitet sich vor. Dazu gibt es Sicherheitstrainings jeglicher Art, bis hin zu Berufsausbildungen und Führungsaufgaben. Wachstum und Reife können nicht kurzfristig erreicht werden. Pilze wachsen über Nacht, Bäume brauchen jedoch Jahre, Jahrzehnte. Die Kapazität, in Situationen sinnvoll zu handeln, wächst durch Vorbereitung, das Aneignen der richtigen Perspektiven, positive Herausforderungen und Üben. Elemente, die wir bewusst in die Planung und Durchführung unserer Studien- und Weiterbildungsangebote aufnehmen.

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In kritischen Situationen wird man merken, ob wir die nötige Reife haben oder nicht. Denken wir an das Beispiel des Apostels Petrus, der bei Jesu Festnahme zum Schwert greift und wenig später flieht. Darauf folgen hinterher aber seine mutige und weise Pfingstpredigt sowie ermutigende Briefe an Gemeinden in Situationen von Verfolgung und Gefahr. Welch eine Entwicklung!

Was erkennen Menschen an unserem Verhalten? Können wir in herausfordernden Situationen ein (reifes) Vorbild in dieser Welt sein? Möge Jesus uns frühzeitig Wachstum und Reife geben, damit wir, gerade im Brandfall, die Ruhe bewahren und handeln können – und nicht durch zerbrochene Scheiben fliehen müssen.

Peter Westphal
Im Juni 2019 übernahm Peter Westphal die Leitung der AWM in Korntal. Dr. Westphal stammt ursprünglich aus Norddeutschland und verbrachte 30 Jahre mit mehreren Missionsgesellschaften in Asien. Die Fragen, wi ...
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Bildnachweis: Shalom de Leon / unsplash.com

01.01.2022