Ich bekenne

Ich bekenne

„Volltischler“ bin ich – jawohl! Auf meinem Schreibtisch stapeln sich Mappen, Akten, Zettel jeglicher Größe und Farbe. Im Moment mal wieder so viele, dass ich so gar keine Lust hatte, heute Morgen zur Andacht zu gehen. Trotzdem ging ich - allerdings ohne große Erwartungen. Unsere BA-Studenten haben diese halbe Stunde gestaltet und ich habe mich riesig über die Art und Weise gefreut, wie sie uns beschenkt haben: Sing & Pray – Gott loben und ihn bitten.

Ich bekenne - dass mich im Moment vieles wütend macht in dieser Welt. Und traurig. Die politischen Spektakel in Deutschland, Europa und in den USA. Die unmenschliche Gewalt und das unsägliche Leid – nicht nur in Syrien. Dass meine Schwägerin mit Anfang 60 unheilbar krank ist und nur noch wenige Monate (Wochen?) leben wird. Die Selbstgerechtigkeit vieler Menschen. Und ihre Passivität, wo es darauf ankommen würde, zu handeln. Vor allem auch meine eigene…

Ich bekenne  - dass mich beim letzten Lied heute Morgen die Ehrfurcht ergriffen hat. „Von guten Mächten“ sangen wir – Bonhoeffers Text, vertont von Siegfried Fietz. Von dem Alten, das unsere Herzen quält. Von böser Tage schwere Last. Von aufgescheuchten Seelen – dem schweren, bittern Kelch des Leids. Hier war einer, der ganz schwere Situationen und Erlebnisse auf ganz feine Art und Weise in Worte fassen konnte, so dass dieser Text uns heute in unsrem Erleben erreicht.

Bonhoeffer war ja kein Träumer. Seine eigene Situation und die Situation in Deutschland hat er sicherlich klarer erkannt und benannt als viele andere. Sein Text von damals trifft uns in den heutigen Realitäten, und zeigt eine Wirklichkeit auf, die trägt – durch alle Widrigkeiten hindurch. Auch wenn mein Herz weiterhin schwer ist:

Ich bekenne - wieder ganz neu und ganz bewusst - dass mein Leben verankert ist in diesem Gott, der uns hält und tröstet und der bei uns ist am Abend und am Morgen… und ganz gewiss an jedem neuen Tag - was auch immer er bringen mag.

Carmen Crouse

21.02.2016